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HK CEO Jens Bodo Koch im Gespräch mit der ESuT zur Unternehmensstrategie

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12/11/2023 – 1 min

Heckler & Koch stellt sich auf
weiteres Wachstum ein
Dr. Jens Bodo Koch im Gespräch mit Waldemar Geiger vom Fachmagazin Europäische Sicherheit und Technik
Die vergangenen fünf Jahre sind für den Handwaffenhersteller Heckler & Koch (HK) erfolgreich verlaufen. Dies lässt sich nicht nur am kürzlich erfolgten Besuch von Verteidigungsminister Boris Pistorius in der Produktionsstätte der Schwarzwälder Waffenschmiede ablesen – eine solche Visite wäre vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen –, sondern auch an der Position im Wettbewerb.

Das Unternehmen steht heute, sowohl was das Image als auch die finanzielle Lage angeht, solide wie selten zuvor da, obwohl es zuvor mehrere Krisen – G36-Skandal, angespannte Finanzsituation, Gesellschafterstreit und Prozesse gegen frühere Mitarbeiter – meistern musste.

Ein Grund für die positive Entwicklung dürfte sein, dass die Produkte des deutschen Handwaffenherstellers mit dem ikonischen roten Logo bei Behörden und Streitkräften weltweit begehrt sind. Mit dem G36 und der HK416/417-Waffenfamilie konnte Heckler & Koch in den vergangenen Jahrzehnten zwei Standards für Sturmgewehre in Europa setzen. Kaum eine Spezialkräfteeinheit, egal ob polizeilich oder militärisch, gehört nicht zum HK-Kundenkreis. „Selbst Länder, die eine eigene renommierte Feuerwaffenproduktion besitzen, rüsten ihre Spezialkräfte mit HK-Waffen aus“, sagt Jens Bodo Koch, seit Mai 2018 Vorstandsvorsitzender (CEO) der H&K AG, in einem Gespräch mit der Europäischen Sicherheit & Technik.

Befragt zur aktuellen Lage und der zukünftigen Ausrichtung des Unternehmens ist der Manager sehr optimistisch. Der CEO sieht sein Unternehmen für die Zukunft exzellent aufgestellt, sowohl was die Auftragslage angeht als auch die Unternehmensstrategie.

Wirtschaftliche Lage
Mit den augenblicklich weltweit zunehmenden Spannungen steigt auch die Nachfrage nach Sicherheit, dies gilt sowohl für Individuen als auch für Gesellschaften und Staaten. Da ist es nicht verwunderlich, dass Regierungen in einer solchen Situation in Streitkräfte und innere Sicherheit investieren, diese modernisieren und ausbauen. Damit steigt auch die Nachfrage nach Handwaffen.

„Die Zeitenwende für Heckler & Koch begann bereits 2019“, führt Koch aus. „In diesem Jahr haben mehrere Anrainerländer Russlands – Lettland, Litauen und Norwegen – sehr umfangreiche Beschaffungsprojekte eingeleitet, die Heckler & Koch gewinnen konnte“, so der CEO. Dies habe wiederum ein umfangreiches Wachstums und Innovationsprogramm ausgelöst, welches für Ersatzbeschaffungen des Maschinenparks und Kapazitätserweiterungen genutzt wurde.

Die Entwicklung lässt sich auch an den Verkäufen des Unternehmens ablesen: Der Umsatz stieg von 220 Millionen Euro im Jahr 2018 auf 305 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Wobei 2022 unternehmensintern als besonderes Ausnahmejahr bewertet wird. Bereits heute kann HK seine Investitionen nach Aussage von Koch aus dem Cash-Flow finanzieren. Die Produktion läuft am Anschlag. In den nächsten „fünf bis sieben Jahren wird eine Vollauslastung erwartet“, erklärt Koch. Zudem rechnet er mit einer weiter steigenden Nachfrage.

Deshalb plant der Handwaffenspezialist aus dem Schwarzwald weitere Investitionen, um die Kapazitäten zu erweitern. Es sollen weitere Maschinen angeschafft werden. Zudem wird die Logistikhalle in ihrem Umfang fast verdoppelt und für 25 Millionen Euro ein großes Montage- und ein Schießzentrum gebaut.

Transparenz- und Grüne-Länder-Strategie
Neben der wirtschaftlichen Lage hat sich auch das Image des Unternehmens deutlich gebessert. Mit einer bereits unter seinem Vorgänger begonnenen und durch Koch konsequent weiterverfolgten Transparenz- und „Grüne-Länder-Strategie“ hat es das Unternehmen geschafft, aus den Negativschlagzeilen herauszukommen.

„Wir haben nichts zu verbergen“, erklärt Koch. „Wir sind Ausrüster von Sicherheitskräften und Armee. Damit diese im Feuerkampf überlegen sind, dafür steht Heckler & Koch.“ Nach Maßgabe der selbst auferlegten „Grüne-Länder-Strategie“ beliefern HK und alle Tochtergesellschaften grundsätzlich „nur Staaten, die der Europäischen Union und/oder der NATO angehören oder der NATO gleichgestellt sind“ sowie „Sicherheitspartner der Bundesrepublik Deutschland“. Die Liste dieser Länder wird Kochs Ausführungen zufolge regelmäßig überprüft und ist im Einklang mit den aktuellen sowie den Ende 2022 im Entwurf veröffentlichten Rüstungsexportrichtlinien der deutschen Regierung. Nach Aussage des HK-Chefs ist die Liste dieser Länder bis auf die Aufnahme der Ukraine 2022 in den vergangenen sechs Jahren „sehr stabil“ geblieben. Seit der Invasion Russlands unterstützet HK die Verteidigungsbemühungen der Ukraine. Welche HK-Waffen in die Ukraine gegangen sind oder noch gebehen werden, kann der jeweils wöchentlich durch die Bundesregierung aktualisierten „Liste der militärischen Unterstützungsleistungen“ entnommen werden.

Als Aktiengesellschaft hält HK seine Hauptversammlungen öffentlich ab. Zudem scheut sich Koch genauso wenig wie sein Vorgänger, Interviews zu geben, was in der Rüstungsbranche nicht als Selbstverständlichkeit gilt. „Diese Transparenz wird auch von der Belegschaft begrüßt“, sagt der CEO. HK gilt seiner Aussage zufolge mittlerweile als attraktiver Arbeitgeber in einer „hart umkämpften Region“, was die Fachkräfte betrifft. „Die Arbeit bei uns wird als nutzenstiftend empfunden, wir sind ein attraktiver Arbeitgeber, auch finanziell“. Koch bemisst dies unter anderem an der geringen Mitarbeiterfluktuation und dem Umstand, dass es sein Unternehmen trotz des Fachkräftemangels und der in der Region sehr präsenten Automobilindustrie schafft, Personal zu gewinnen. Für das Wachstum des Unternehmens sei dies lebenswichtig – allein mit neuen Maschinen könnten die geplanten Produktionserweiterungen nicht gestemmt werden. Aufgrund der Produktspezialisierung bildet das Unternehmen viele der neuen Fachkräfte selbst aus. Der CEO verweist darauf, dass man es trotz Pandemie geschafft habe, die Ausbildungsplätze um rund 60 Prozent zu steigern. Außerdem wurde das Angebot für duale Studiengänge um mehrere Fachrichtungen, beispielsweise IT-Spezialisten und Mechatroniker, erweitert.

Zukünftige Unternehmensstrategie
Koch verweist darauf, dass das komplette HK-Portfolio an Kriegswaffen in Oberndorf entwickelt wurde und diese Strategie auch in Zukunft beibehalten wird. Das Knowhow sei und bleibe schwäbisch. Auch die Produktion aller Militär- und Behördenwaffen erfolgt im Schwarzwald. In Zukunft könnte es hier jedoch eine Änderung geben. „Wir sehen, dass Kundenländer Produktion vor Ort wünschen. Mit diesen Ländern sind wir im Gespräch darüber, zukünftig spezifische Kundenanforderungen für den Bedarf des Kunden vor Ort zu produzieren“, erklärt der CEO. Dies wäre für HK jedoch nichts Neues, da das Unternehmen in der Vergangenheit bereits Erfahrung
auf diesem Gebiet sammeln konnte. Verkaufsperspektiven sieht der Vorstandsvorsitzende von Heckler & Koch auch an anderen Stellen. Besonders hebt er Marktperspektiven in Südkorea hervor. Aber auch in den HK-Stammmärkten bestehe noch viel Potenzial. „Bei einigen Kunden gibt es noch deutliche Lücken zur Vollausstattung, während wiederum andere Staaten die dreifache Waffenanzahl in Relation zu den aktiven Soldaten bestellt haben, um so über Ersatz und genügend Waffen zur Ausstattung der Reserve zu haben“, gibt Koch als Erklärung für die Einschätzung seiner Marktperspektiven.

Wie der HK-CEO erläutert, fußt die zukünftige Unternehmensstrategie auf drei Säulen:
Die erste Säule bilden die Waffensysteme, von denen das Unternehmen mittlerweile von der für die verdeckte Trageweise entwickelten Pistole SFP9 CC bis hin zur Granatmaschinenwaffe fast das komplette infanteristische Waffenkammerportfolio abdeckt. Als „Fachfirma für Waffenbau werden wir unsere Waffen weiterhin peripheriegeräteagnostisch entwickeln“, erklärt Koch. Man schaue sich jedoch stetig am Markt um und teste alle verfügbaren Peripheriegeräte, wozu beispielsweise Optiken zählen, „um dem Kunden eine optimale Produktberatung, abgestimmt auf den jeweiligen Einsatzzweck geben zu können“.

„Wir sind in der Lage, sowohl kleine Mengen für Spezialkräfte herzustellen als auch große Mengen für Flächenarmeen“, beschreibt Koch die Besonderheit von Heckler & Koch. Auf Basis der Anforderung von Spezialkräften entwickelte Systeme können und werden im Anschluss in Großserien übernommen und stehen so auch regulären Einheiten zur Verfügung.

In der zweiten Säule rücke der Service „gedanklich neu in den Fokus“, sagt Koch. Beispielhaft dafür seien der G36-Instandsetzungsrahmenvertrag mit der Bundeswehr sowie die mittlerweile zweite Modernisierung des britischen Standardsturmgewehrs SA80. Zudem hat Heckler & Koch jüngst einen auf dem induktiven Impuls basierenden Schusszähler marktreif entwickelt, welcher neben taktischen vor allem logistische Vorteile bietet. Der Schusszähler kann schussinduzierte von manuellen Verschlussbewegungen unterscheiden und getrennt erfassen und so quasi in Echtzeit die Abnutzung der Waffe berechnen, was dem Kunden wiederum die Möglichkeit einer vorausschauenden Instandsetzung eröffnet. Das System kommt ohne Batterie aus und sendet nicht, daher können Maßnahmen des Elektronischen Kampfes das System weder detektieren noch stören und so die Waffen auch nicht lahmlegen.

Das Ersatzteilgeschäft bildet die dritte Säule des HK-Geschäftsmodells. Beginnend mit der Annexion der Krim, spätestens aber seit der Invasion Russlands in der Ukraine, haben immer mehr Staaten die Vorzüge der Ersatzteilbevorratung für Waffensysteme für sich entdeckt. Dies sorgt wiederum dafür, dass auch in Oberndorf kräftig produziert werden muss. Sollte die Unternehmensstrategie aufgehen, kann sich HK auf einige fordernde Jahre einstellen. Zunächst aber stehen 2024 die Feiern zum 75-jährigen Bestehen von Heckler & Koch an. Die große Jubiläumsfeier des Ende Dezember 1949 gegründeten Unternehmens wird derzeit für das Frühjahr 2025 geplant.

Made for Safety

Wir wollen, dass Menschen sicher leben können. Unsere Produkte sollen Menschen in freiheitlich-demokratischen Ländern vor Bedrohung und Gewalt schützen. Heckler & Koch ist der führende Hersteller von Handfeuerwaffen für die Staaten der NATO und der EU.

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